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Käfer für Kinder

News & Stories — 24. Februar 2015
von Matthias Kanter
In den Kindergärten der DDR gab es ein Holzmobil, dass Auto und Schaukel abstrahierte und mit seiner Form an einen VW Käfer erinnert.
Nicht ganz zufällig entstand er als studentische Arbeit an der Kunsthochschule Dresden, kurz nach dem Krieg in der Klasse des großen Bauhauslehrers Mart Stam.

Natürlich war der Halbkreis und die strenge geometrische Form eher der Bauhausidee geschuldet, als dass der erste Volkswagen dafür Pate stand, aber die Ähnlichkeit verblüfft doch.

Nun waren die Sicherheits-vorschriften in diesen Tagen für Kinderspielgeräte noch nicht so streng und Generationen von Kindern stritten um das Holzauto, dass nur selten gedreht wurde. Fehlende Lenkung und Gummipuffer an Front und Heck führte zu rasanten Fahrten mit krachendem Stop an Hindernissen, wenn der glückliche Fahrer einen kraftvollen Anschieber motivieren konnte.

Was heute als möglicher Lerneffekt durch ausufernde Vorschriften unmöglich ist, war in diesen Tagen eine reale Erfahrung von Beschleunigung und den damit verbundenen Kräften. Dass es nur mit anderen Kindern gut bewegt werden konnte, führte zum Gruppenspiel, denn allein konnte man nur vom Fahren träumen oder mit den Füßen Schneckentempo erreichen.

Wie viele Spielgeräte der Vergangenheit auf Spielplätzen und in Kindergärten verschwand der Schaukelwagen aus dem öffentlichen Bereich durch Sicherheitsbedenken und es obliegt heute uns Eltern, selbst zu entscheiden, was wir als Risiko unseren Kindern zumuten wollen.

Ich möchte dort auch keine Argumentation für risikobehaftete und dadurch erfahrungsreichere Umgebung verfolgen und Eltern müssen immer dicht an ihrer eigenen Persönlichkeit Lösungen für die Kleinen finden. Die fast risikofreie Gummizelle und das Spiel in der Natur mit Baumklettern, Lagerfeuer und Spiel am Wasser bietet da ein breites Spektrum täglicher Entscheidungen für uns Eltern.

Der Schaukelwagen gehörte für uns zu den sehr verantwortbaren Risiken und unsere Kinder haben es genossen. Im Unterschied zu anderen Spielgeräten der frühen Kindertage, hat der Designaspekt dieses Klassikers mich aber auch nach dieser Zeit des häufigen Gebrauchs begeistert. Seine schöne Verarbeitung und klare Form machte ihn zum liebgewordenen Mitbewohner, der gern über Jahre auf die nächsten Nutzer in der Zimmerecke warten kann. In der Zwischenzeit besetzt ihn der Teddy oder er hilft Wäsche zu sortieren. Seine hervorstechende Eigenschaft liegt aber dort, wo wir gern bei geerbtem Familienbesitz aufmerksam werden. Er ist einer dieser Gegenstände, die spätere Generationen gern mit dem Vorbesitzer verknüpfen. "den habe ich von Tante..., damit habe ich als Kind..." 

Diese Qualität hat in unserer Gesellschaft gerade keine "Währung", die diesen Wert ausdrücken könnte. Wir finden sehr wenige Dinge am Markt mit dieser besonderen Eigenschaft und empfehlen gern Dinge, die man persönlich energetisch aufladen kann.
So verknüpft sich ein absichtsloser Blick mit Erinnerungen. Das finden wir wertvoll.
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