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Wer hat´s erfunden?

News & Stories — 06. Februar 2024
Der Freischwinger, bekannt für seine schwebende Sitzkonstruktion ohne Hinterbeine, ist nicht nur das Symbol des modernen Designs, sondern auch Gegenstand eines bemerkenswerten Patentstreits.

In diesen Streit waren die zwei Architekten Mart Stam und Marcel Breuer verwickelt.


Die juristische Auseinandersetzung drehte sich um die Frage der ursprünglichen Idee des freischwebenden Sitzens, der Urheberschaft des Stuhls.


Die Anfänge des Freischwingers reichen zurück in das Jahr 1926, als der niederländische Architekt und Designer Mart Stam eine wegweisende Idee für einen Stuhl ohne Hinterbeine entwickelte. Dieser sogenannte Kragstuhl bestand aus verbundenen Gasleitungsrohren, die weit weg von einem eleganten Erscheinungsbild waren. Bei der Stuttgarter Weißenhofsiedlung präsentierte Stam ein Jahr später zwei schwarz lackierte Versionen des Kragstuhls.


Aufbauend auf Stams erstem „Freischwinger“ entwickelte auch Marcel Breuer am Bauhaus in Dessau Stahlrohrmöbel, wo Mart Stam 1926 als Gastdozent lehrte. Breuer sah ein kommerzielles Potential in diesen Möbeln und gründete für die Produktion und den Vertrieb ein eigenes Unternehmen. Zusammen mit Kálmán Lengyel entstand die Firma Standard Möbel Ende 1926 in Berlin.


Jedoch begann in den folgenden Jahrzehnten ein Patentstreit zwischen Breuer und Stam sowie den verschiedenen Herstellern. Zum ersten Mal überhaupt wurde bei diesem Rechtsstreit anhand eines Gebrauchsgegenstandes die Frage des künstlerischen Urheberrechts verhandelt. In dem 1932 vor dem Reichsgerichtshof stattfindenden Verfahren wurde Stams künstlerische Idee als entscheidend herausgestellt. Das Gericht stellt die Verbindung von Material und Form, also den Designprozess, hervor: „Mart Stam habe mit diesem Stuhl eine selbständige, eigentümliche Schöpfung hervorgebracht. Eine aus der Verwendung von Stahlrohr folgende technische Notwendigkeit, das Möbel gerade so zu gestalten, habe nicht vorgelegen. Für die Lösung der Aufgabe, einen Stuhl aus Stahlrohr zu bauen, seien viele Möglichkeiten denkbar gewesen.“ 


Mart Stam gewann den Prozess und wurde aus juristischer Sicht als Erfinder und Rechteinhaber des Freischwingers festgestellt. Der Einfluss Marcel Breuers auf die Entwicklung dieses Stuhltyps ist aus künstlerischer Sicht nicht zu verkennen und spiegelt die zarte Linie zwischen Originalität und Inspiration in jedem Designprozess wider.


Der Freischwinger stellt vermutlich genau aus dieser Synthese der Ideen der bedeutendsten Designer der Moderne einen der besten Stühle bis in unsere heutige Zeit dar.

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